Geschichte der FuTK-289 (FuTK-433)

- Zeitzeugenbericht -

Mail vom 11.11.2008 von Ulrich Huse

Die FuTK-289 ( Banzin) gehörte bis zum Jahre 1970 zum Bestand des FuTR-2. Der Stab befand sich in Trollenhagen / Neubrandenburg. Nach weiteren Umstrukturierungen der FuTT der 3.LVD ab 1970 / 71wurde sie dann 1979 als FuTK-233 in den Bestand des FuTB-43 überführt und erhielt die Bezeichnung FuTK-433.
Ende des Jahres 1967 erfolgte meine Versetzung zur FuTK-289 mit der Aufgabe, die FuTK vom derzeitigen Kompaniechef Hauptmann Eberhard Lasch zu übernehmen. Politstellvertreter war Hauptmann Manfred Zimmermann, Hauptfeldwebel Stabsfeldwebel Ulli Dunker.
Zum Bestand der FuTK-289 gehörte eine FuMS P-12NP, SL Leutnant Melms, eine weitere FuMS P12, SL. Leutnant Leusenthin und eine FuMS P-15AMU mit dem SL.Oberleutnant Hörnke. Führungszugführer war Oberleutnant Lange, der auch im August 1970 nach meiner Versetzung zur Militärakademie „ Friedrich Engels“ in Dresden die FuTK als KC übernahm. Als Schirrmeister KFZ war der Feldwebel Beuster eingesetzt..
Die FuTK war ca. 1km von der Ortschaft Banzin, an einem Feldweg in Richtung Vellahn ( B-5), entfaltet. Die Anforderungen an den Aufbauplatz der FuMS waren nicht in allen Richtungen gewährleistet und so entstanden Lücken in der Auffassungszone der FuMS, besonders in geringen Höhen. Die FuTK verfügte damals über keinen PRW (Höhenmesser) und über kein Objekt des AFLS.

Die FuTK-289 arbeitete bereits seit Ende 1963 zur Luftraumaufklärung (LRA) im Diensthabenden System (DHS) der Luftverteidigung des Landes. Auf Grund der Lage gehörte sie zusammen mit der FuTK-290 (Altensalzwedel) und der FuTK-288 (Elmenhorst) zu den FuTK der 1. Linie. Der Platz und die Rolle der FuTK-289 im Luftverteidigungssystem der DDR war bestimmt durch die unmittelbare Lage zur Staatsgrenze der BRD, zu den zeitweiligen Luftverbindungswegen (KI und KII) von und nach Berlin(West), durch das Elbtal und durch den Gebietsvorsprung Danneberg-Lüchow.
Neben den Hauptaufgaben zur LRA im DHS, wie ich sie bereits im Erlebnisbericht zu meiner Dienstzeit in der FuTK-290 (Altensalzwedel) beschrieben habe, gehörte es mit zur Aufgabe, auf Befehl bzw. mit Auslösung einer höheren Stufe der Gefechtsbereitschaft Informationen über die Luftlage an das FRR-13 (Fla-Raketenregiment Parchim) zu übermitteln.
Im Rahmen der LRA im DHS arbeiteten wir besonders eng mit der FuTK-288 (Elmenhorst) zusammen und meldeten auch die Luftlage an diesen GS. Zwischen den Armeeangehörigen beiden FuTK entwickelte sich durch eine Reihe von Maßnahmen eine gute Zusammenarbeit, die nicht nur auf die Führungskräfte beschränkt blieb.

In den folgenden Darlegungen möchte ich mich auf spezielle Details aus meiner Tätigkeit als Kompaniechef (KC) der FuTK-289 beschränken. Bewusst habe ich auf Wiederholungen aus meiner Dienstzeit in der FuTK-290 verzichtet, denn die Hauptaufgaben waren für die FuTK der 1.Linie doch gleich. Betrachtet man heute nach 18.Jahren die Geschichtsschreibung über die DDR und ihre NVA, so gelangen nur Teilwahrheiten über die NVA durch die Medien zu uns. Erinnern möchte ich an dieser Stelle an die Sendung bei ARTE und im MDR Mitte des Jahres 2007 : “Krieg über den Wolken-Luftspionage über der DDR“. Wir ehemaligen Angehörigen der NVA jedenfalls waren die Zeitzeugen und sollten den Unwahrheiten, Entstellungen und Diffamierungen zur Geschichte der DDR und speziell der NVA entschieden entgegentreten. Den vielen Geschichtsfälschern das Feld zu überlassen, wäre nach meiner Überzeugung der falsche Weg. Die Internetseite www.nva-futt.de ist eine von vielen Möglichkeiten, sich mit Bild und Text zu Wort zu melden.


Aus der Fülle der Erlebnisse aus meiner Tätigkeit als KC der FuTK-289 möchte ich mich auf folgende Problemkreise beschränken :
1. Die Luftraumaufklärung im DHS. (Aufklärungsflüge durch Luftfahrzeuge der NATO, Luftraumverletzungen )
2. Die Mobilmachungsübung „ Sommer 70“
3. Der pioniertechnische Ausbau der FuTK-289
4. Erinnerungen als KC der FuTK an den 21.August 1968 (CSSR-Krise)
5. Verleihung des Namen “Heinz Kapelle“ am 01.März 1970 an das FuTR-2

Zu 1 :

Die Luftraumaufklärung im DHS war die Hauptaufgabe der FuTK-289. Die politische Arbeit, die Gefechtsausbildung, die Wartung und Instandsetzung der Technik, aber auch die rückwärtige Sicherstellung war auf die Erfüllung dieser Hauptaufgabe ausgerichtet. Der gesamte Personalbestand der FuTK war ohne Ausnahme einer sehr hohen Belastung ausgesetzt. Der geringe Personalbestand an Soldaten, Unteroffizieren und Offizieren schränkte deshalb auch den Spielraum für Urlaub und Freizeit erheblich ein. An einen geregelten Tagesablauf war oft nicht zu denken, weil natürlich für uns der „Luftgegner“ durch Luftraumverletzungen, durch Anflüge von Luftfahrzeugen mit direktem Kurs auf die Staatsgrenze der DDR und durch die hohe Anzahl der Aufklärungsflüge etc. das Luftverteidigungssystem der DDR objektiv in einem hohen Bereitschaftszustand hielt.
Häufig wird insbesondere auch bei Zusammenkünften von ehemaligen Angehörigen der Waffengattung die Frage aufgeworfen, hat die NVA es mit der Gefechtsbereitschaft übertrieben ? Die Beantwortung dieser Frage sollten wir objektiven Militärhistorikern überlassen, denn in den Archiven der Armeen vieler Staaten „schlummern“ noch viele Antworten und manche Überraschungen. Das trifft auch nach meiner Meinung für die Archive der Bundeswehr zu.
Die Kriterien, nach denen die Erfüllung der Gefechtsaufgaben im DHS durch den Vorgesetzten bewertet wurden, waren sehr hoch. Ein verspätetet geortetes Aufklärungsflugzeug der NATO, um nur ein Beispiel zu nennen, reichte schon in der Regel für eine „Nichterfüllung der Aufgaben im DHS“ aus, obwohl die Kompanie im 24 Stunden DHS hunderte von Flugkörpern ohne Beanstandung geortet, bearbeitet und gemeldet hatte.
Die Ortung und sofortige Meldung von Luftraumverletzern und Flugkörpern mit direktem Kurs auf die Staatsgrenze der DDR hatte immer Priorität und führte in der Regel zur Auslösung der Bereitschaftsstufe 1 (B-1) für das DHS.
Aus der Fülle der Luftraumverletzungen, besonders durch Kleinflugzeuge und Hubschrauber, möchte ich hier besonders über zwei Luftraumverletzungen berichten, die sich im Verantwortungsbereich der FuTK (Auffassungszone der FuMS) ereigneten und auch nach Rücksprache mit Zeitzeugen sich so zugetragen haben.

Es war in den frühen Nachmittagsstunden im September der Jahres 1969. Die Kompanie befand sich in der Umstellung der KFZ-Technik auf die neue Nutzungsperiode (Winter). Im DHS arbeiteten wir bis 12.00Uhr. Der FuTP der GSSD, so die Information im Ergebnis der Untersuchung, arbeitete im DHS mit einer FuMS P-15 mit Normalantenne.
Plötzlich und für uns völlig überraschend überflogen in ca. 200 m Höhe zwei F-104G unsere FuTK. Sie setzten den Flug in Richtung Wittenburg fort. Zu diesem Zeitpunk befand ich mich mit dem Schirrmeister KFZ, dem Feldwebel Beuster, auf einen Rundgang im Gelände der Kompanie. Deutlich waren die Hoheitsabzeichen auf den Flugzeugen zu erkennen, wie ich sie erst kürzlich im AERONAUTICUM in Nordholz auf einer F-104G ebenfalls sah. Der Luftbeobachtungsposten, aber auch viele Angehörige der FuTK, die sich im Gelände aufhielten, verfolgten den Überflug und gaben das auch im Rahmen der späteren Untersuchung zu Protokoll. Sofort erhielt der SL der FuMS P-15 AMU, Oberleutnant Hörnke, den Befehl, die FuMS einzuschalten. Er selbst befand sich zu diesem Zeitpunkt mit Angehörigen der Besatzung an der FuMS. Ich selbst lief sofort in den GS der FuTK, löste B-1 aus und meldete den Überflug an den GS der 3.LVD und informierte auch den GS der FuTK-288.
Nach weniger als 5 Minuten war die FuMS P-15 AMU einsatzbereit und das Echo der RBS lag am Sichtgerät auf dem GS an. Nach kurzem Absuchen des rückwärtigen Raumes ortete die FuMS einen Flugkörper (ohne Kennung) im Raum südlich von Gardebusch mit Kurs Richtung West. Da wir im rückwärtigen Raum keine weiteren Flugkörper ohne Kennung orteten, gingen wir davon aus, dass es sich um die Luftraumverletzer handeln konnte. Das festgelegte Arbeitsregim für die P-15 war die Betriebsart K, Maßstab 100 Km. Nach Verlassen der Ortungszone der FuTK durch die Flugkörper und Abmeldung des Zieles durch den GS der FuTK setzte die Untersuchung dieser Luftraumverletzung ein, die durch eine Untersuchungskommission des FuTR-2 erfolgte.
Die oben genannten Sachverhalte wurden so bestätigt. Im Befehl des Kdr. 3.LVD wurden die vorbildlichen Leistungen des Personalbestandes der FuTK besonders gewürdigt. Es wurde aber auch festgelegt, wie mit dieser Luftraumverletzung umzugehen ist. Jedenfalls keine Aktuelle Kamera und auch nicht das ND berichteten darüber. In den mir bekannten Seiten im Internet zu den Verletzungen des Luftraumes der DDR taucht diese ebensowenig wie auch andere weitere mir bekannte Luftraumverletzungen auf. Die Frage, war diese Luftraumverletzung ein Test unseres Luftverteidigungssystems oder haben sich Piloten der Bundesluftwaffe einfach nur verflogen, bleibt also offen.

Über eine zweite Luftraumverletzung möchte ich berichten, die ebenfalls in keiner Statistik erfasst ist. Im Frühjahr 1969 landete auf dem Agrarflugplatz bei Hagenow ein einmotoriges Flugzeug. Der Pilot verließ das Flugzeug und fragte die anwesenden Bürger, wo er sich befindet. Die Auskunft war eindeutig: „Auf dem Gebiet der DDR !“ Gleichzeitig fragte er danach, wie er in die BRD gelangen kann, wo die Grenze ist. Die Bürger erteilten ihm die notwendigen Auskünfte. Den Hinweisen folgend flog er von Hagenow bis Pretzier entlang der B-321, leitete eine Rechtskurve ein und flog auf der B-5 weiter in Richtung Boizenburg-Lauenburg. Soweit die Informationen, die wir von den örtlichen Organen später erhielten. Bevor aber die Informationen von den örtlichen Organen bei uns eintrafen, meldete der Luftbeobachtungsposten (LBP) dem GS den Flug eines Kleinflugzeuges bei Vellahn in Richtung Boizenburg auf der B-5 (früher F-5). Die Höhe gab er mit 50-100m an. Ob er auch ein starkes Motorengeräusch meldete, kann ich nicht mehr nachvollziehen. Da der LBP am Tage seinen Platz auf einem Gebäude hatte, mit Fernglas etc ausgerüstet war, konnte er diesen Abschnitt eigentlich gut einsehen. Sofort setzten die Handlungen ein, wie ich sie bei der ersten Luftraumverletzung bereits geschildert hatte.(Auslösung der Bereitschaftstufe B-1 und Übernahme der Führung durch den KC). Ob wir laut Plangrafik Gefechtsarbeit im DHS mit einer FuMS P-12 durchführten oder wir eine Gefechtspause hatten, daran kann ich mich heute nicht mehr erinnern. Der DO des GS der FuTK hatte sofort nach Erhalt der Meldung durch den LBP die Ferneinschaltung der FuMS P-15 AMU vollzogen und durch Signal die Besatzung alarmiert. Nach Meldung der Einsatzbereitschaft der P-15 AMU meldete der Funkorter etwa auf der Höhe von Boizenburg einen Flugkörper mit Flug in Richtung BRD. Auch ich verfolgte am Sichtgerät auf dem GS den Flug des Luftraumverletzers bis zum Verlassen der Auffassungszone der P-15 AMU. Zwischenzeitlich erfolgten meinerseits die entsprechenden Meldungen an den GS der 3.LVD. An Hand der Flugparameter waren wir uns eigentlich sehr sicher, dass es sich um das gemeldete Kleinflugzeug aus Hagenow handelte.
Durch den DO des GS der FuTK wurde unverzüglich die Dokumentation zu der LRV angefertigt. Mit dem Untersuchungsbericht und den Aussagen des LBP und der örtlichen Organe, als Anlage beigefügt der Dokumentation, wurde ein Sonderkurier nach Trollenhagen / Neubrandenburg, dem Stab des FuTR-2, in Marsch gesetzt. Die Informationen vom Grenzregiment im Abschnitt des Überflugs über die Staatsgrenze zur BRD wurde über die Dienstverbindung übermittelt. Details zu diesem Flug erfuhren wir jedoch nie.
So endete wieder einmal wie sehr oft ein Tag, auf dem man stolz sein konnte über die vorbildliche Pflichterfüllung der Besatzungen der FuTK im DHS. Es galt aber auch, die Schwachpunkte in der Gefechtsarbeit im DHS zu erkennen und die Gefechtsausbildung so zu gestalten, dass die Qualität der Gefechtsarbeit zur LRA im DHS sich ständig verbesserte.
Eine wichtige Schlussfolgerung zum Beispiel bestand darin, für die FuMS die Arbeitsregime und Betriebsarten für die Gefechtsarbeit im DHS festzulegen. Für die FuMS P-15 AMU der FuTK-289 bedeutete es : Arbeit in der Betriebsart „ K“, Maßstab 100 km. Sprunghaft stiegen die Ortungen von Flugkörpern in den grenznahen Räumen und entlang des Elbtals, besonders von Flügen mit Hubschraubern des BGS, auch an. Eine Abweichung der Betriebsart für die LRA im DHS unterlag der Genehmigung durch den GS der 3LVD.

Eine weitere Aufgabe war die Ortung von Flugkörpern der NATO über dem Territorium der BRD. So wie ich es schon in meinem Erlebnisbericht aus meiner Dienstzeit in der FuTK-290 darlegte und durch die Statistik eindeutig ausgewiesen wurde, setzte die NATO verstärkt die Aufklärungstätigkeit mit Luftfahrzeugen fort. Sie erhöhte in den folgenden Jahren ihre Aufklärungstätigkeit durch den Einsatz der bekannten Aufklärungsflugzeuge der Typen SR-71, U-2, TR-1, RB-66, Atlantik, Tornado etc. Dazu kamen die vielen Flüge mit den Hubschraubern des Bundesgrenzschutzes in grenznahen Räumen und die Flüge mit Kleinflugzeugen entlang der Staatsgrenze. Besondere Probleme bereiteten uns die Flüge im Elbtal von Lauenburg bis Wittenberge, die in sehr geringen Höhen durchgeführt wurden. Auch während meiner Dienstzeit wurden diese Aufklärungsflüge akribisch nachgewiesen und standen zur Auswertung ständig bereit.

Eigentlich bleibt nur zu hoffen, dass in den nächsten Jahren die Archive der Bundeswehr und der NATO sich weiter öffnen, damit auch die Aufklärungstätigkeit der BRD und NATO gegen die DDR und die anderen Staaten des Warschauer Vertrages in einer Dokumentation erfasst werden kann. Soweit mir bekannt ist, wurden auch alle Unterlagen aus den FuTT ins Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg i. Br. überführt und stehen damit zur Auswertung zur Verfügung.

Auch die beiden oberen Beispiele beweisen erneut, dass Luftraumverletzungen an der Tagesordnung waren. Erinnern möchte ich bei dieser Gelegenheit an den Abschuss der RB-66 am 10.03.1964 nördlich von Gardelegen oder an den Flug von zwei F-84 der Bundesluftwaffe am 14. September 1961 mit Landung in Berlin-Tegel. Siehe dazu die Erlebnisberichte zur Geschichte der FuTK-290 (Altensalzwedel) und FuTK-284 (Rohlsdorf)

Zu 2 :

Obwohl Informationen über eine große Übung im Nordraum der DDR im Sommer des Jahres 1970 durchsickerten, waren wir eigentlich gelassen. Die Überprüfung der Gefechtsbereitschaft der FuTK mit realer Verlegung in die Wechselstellung erfolgte einmal im Jahr. So gesehen müsste jeder Vorgesetzte sich spätestens beim Verlassen der Dienststelle die Frage beantwortet haben, ist im Falle der Auslösung einer Stufe der Gefechtsbereitschaft alles vorbereitet.
Es war wohl an einem Freitag im Sommer des Jahres 1970, als eine höhere Stufe der Gefechtsbereitschaft ausgelöst wurde. Die seit längerer Zeit in meinem Fach eingelagerten Umschläge mit Kennwort wurden nun geöffnet und danach verfahren. Es handelte sich also um eine reale Mobilmachungsübung für den Nordraum der DDR, wo also Reservisten einberufen wurden. Die Aufgabe bestand darin, die Reservisten einzukleiden, auszubilden und in die Besatzungen einzugliedern. Die Technik, die ebenfalls zugeführt werden sollte, war zu überprüfen, als Fahrzeuge mit NVA-Kennzeichen auszuweisen und zur Nutzung vorzusehen.
Natürlich erhielt das Dokument auch Einschränkungen, die zu befolgen waren. Zum Beispiel holten wir keinen Friseur in die Dienststelle und auch die Fahrzeuge erhielten keinen Grünanstrich.
Pünktlich am Sonnabend früh rollte ein Bus mit ca. 50 Personen an, gefolgt von LKW.
Den Rest des Freitags und auch die Nacht hatten wir genutzt, die einzelnen Anlaufpunkte und die Unterkünfte vorzubereiten und die Einsatzreserve auszulagern. Jeder Reservist benötigte eine Uniform, Teil 1 und 2, die komplette Schutzausrüstung und eine Waffe. Parallel dazu wurden die Ausbildungsunterlagen erarbeitet, der Dienstplan aufgestellt und diverse Listen angefertigt. Der Gruppenführer der Wirtschaftsgruppe stellte einen gesonderten Speiseplan auf und kümmerte sich um den Einkauf.
Es mag sich alles so einfach lesen, aber neben all den notwendigen Aufgaben zur Vorbereitung auf die für uns völlig neuen Aufgaben lief die Gefechtsarbeit im DHS ohne jegliche Einschränkungen.
Nach der Begrüßung durch mich und dem StKCPA erfolgte die Einkleidung, der Empfang der Ausrüstung und es begann sofort die Ausbildung laut Dienstplan.
Während der Begrüßung fielen mir schon viele „alte Gesichter“ auf, die ich erst im Frühjahr 1970 entlassen hatte. Für mich war hier spätestens klar, spätestens am Sonntag früh steht die erste Besatzung aus Reservisten für den Einsatz im DHS. Was man einmal gelernt hat, so war uns allen klar, hat man nach 3-4 Monaten nicht so schnell vergessen.
Bereits am Sonnabendabend erteilte ich die ersten Zulassungen für das DHS und ab 20.00 Uhr arbeitete bereits die erste Reservistenbesatzung als Funkorter auf der P-12. Bald sollten weitere Besatzungen hinzukommen. Etwas länger dauerte es bei den Auswertern / Planzeichnern, weil sie erst die Spiegelschrift wieder auffrischen mussten.
Jedenfalls war ich bis spät in den Abend hinein damit beschäftigt, die Zulassungen zu erteilen. Der Kontrolloffizier vom MfNV wich nicht von meiner Seite und registrierte alle Aktivitäten.
Am Sonntag in den Nachmittagsstunde verabschiedete ich die Reservisten, sprach Belobigungen aus und dankte ihnen für die vorbildliche Pflichterfüllung. Für uns war die Maßnahme aber noch nicht beendet, denn es musste die Ausgangslage wieder hergestellt werden und die Ausrüstung wieder eingelagert werden.

Zu 3 :

Alle FuTK des FuTR-2 wurden nach und nach 4 Wochen lang aus dem DHS genommen und es erfolgte der pioniertechnische Ausbau der Kompanien. Die Planung erfolgte dazu durch den Stab der FuTR-2. Das Ziel des pioniertechnischen Ausbaus war es, die Besatzungen und die Technik vor herkömmliche Waffen zu schützen. Der Grad des Schutzes war in Abhängigkeit von der FuMT unterschiedlich. Wo es möglich war, wurden für Anhänger, LKW und Kabinen feste Betonboxen gebaut, die mit einer Sanddecke von 30-50 cm bedeckt wurden. Alle Kabelkanäle wurden mit vorgefertigten Betonteilen eingeschalt. Die Betonplatten und die vorgefertigten Betonteile wurden am Bahnhof Brahlsdorf angeliefert, auf LKW vom Typ Krass214 verladen und in die FuTK gefahren. Die technische Ausführung aller Arbeiten lag in den Händen eines Fachoffiziers und erfolgte nach angefertigten Bauplänen. Der Objektlageplan wurde durch die UKA erstellt, der sich aber nicht immer als richtig erwies.
Für die organisatorischen Abläufe war ich als KC verantwortlich. Jeder Stationsleiter war für den Ausbau seiner Stellung verantwortlich. Bagger und anderes Gerät wurden durch Verträge mit der LPG oder örtlichen Baubetrieben gesichert.
Nach 4. Wochen waren die wichtigsten Arbeiten abgeschlossen. Feinarbeiten waren aber noch weit bis in den Herbst hinein erforderlich. Ltn. Melms war als mein Stellvertreter eingesetzt und leistete auch in dieser Funktion eine gute Arbeit. Rechtzeitig bereiteten wir uns wieder auf die Gefechtsarbeit zur LRA im DHS von. Der Übergang dazu gelang uns problemlos.

Zu 4 :

In der Nacht vom 20.August zum 21.August 1968 wurde für die FuTK-289 die volle Gefechtsbereitschaft ausgelöst. Es war wohl gegen 02.00 Uhr des 21. August, als ich die Dienststelle betrat. Nach der Kuba-Krise 1962 war es nun das zweite Mal, wo die geheimen Briefumschläge aus dem persönlichen Fach des KC geöffnet wurden und danach gehandelt wurde. Die erteilten Einschränkungen beachtend, wurden die Maßnahmen nun durchgeführt. Solche neuen Maßnahmen, wie zum Beispiel die Ausgabe des Einsatzfilters für die Schutzmaske, die Freigabe zusätzlicher Codefilter für die Kennungsgeräte der FuMS und die Ausgabe der Kampfsätze an Munition machten uns schon sehr deutlich, hier wird nicht „geübt“ ! Auch die Verlegung der FuMS P-15 für das Funkmessfeld „Untergrenze“ bestätigt meine Aussage. Der StKCPA war sofort bemüht, neueste Informationen zu der Lage in der CSSR zu erhalten. Wer die politische Lage tagtäglich verfolgte, dem war klar, es geht um die Vorgänge in der CSSR, die sich in diesen Tagen zuspitzten. Nach und nach erhielten wir auch Informationen über die Dienstleitungen. Eigentlich gut informiert, wurde der Personalbestand sofort darüber informiert, dass Truppen des Warschauer Vertrages die Grenze zur CSSR überschritten haben, um die Konterrevolution zu zerschlagen.
Mein Platz mit Auslösung einer Stufe der GB war natürlich der GS der FuTK, wo alle Fäden zusammenliefen. Der StKCPA war Leiter der operativen Gruppe, koordinierte alle Maßnahmen und setzte meine Entschlüsse um. Die laut besonderer Plangrafik eingesetzten FuMS setzten die Luftraumaufklärung fort. Da es sich zunächst um Nachtstunden handelte, war die Flugtätigkeit über dem Territorium der BRD und im K1 sehr gering. Erst am nächsten Tag setzte eine verstärkte Aufklärungstätigkeit ein. Obwohl wir alle Maßnahmen gedeckt durchführten, werden die Aufklärungsflugzeuge in den zeitweiligen Luftverbindungswegen von und nach Berlin (West) schon die Aktivitäten der GSSD und der NVA erfasst haben. Anfang September gingen wir in die erhöhte GB über und eine Reihe von Maßnahmen wurden zurück genommen. Meine Kommandierung zu einem Lehrgang nach Naumburg zur Vorbereitung auf das Studium an der Militärakademie“ Friedrich Engels“ in Dresden wurde ausgelöst. Mit der Reichsbahn und mit voller Ausrüstung, mit Waffe und Schutzmaske mit scharfem Einsatzfilter reiste ich nach Naumburg. Der Lehrgang endete im Dezember 1968.
Zum Einmarsch von fünf Armeen des Warschauer Vertrages will ich schon noch anmerken, dass die 7. PD und die 11. MSD in ihren Bereitstellungsräumen entlang der Staatsgrenze blieben. Was wollte man der NVA nach dem 02. 10.1990 nicht alles unterstellen, obwohl die Archive der NVA zur Auswertung bereit standen. Ich kann mich noch gut an die Auseinandersetzungen Anfang der neunziger Jahre im DBwV erinnern. Manchem Militär wird es schmerzen, aber in den Geschichtsbüchern wird stehen :“Die NVA hat sich als deutsche Armee an keinen völkerrechtswidrigen Einsätzen beteiligt.“

Zu 5 :

Am 1. März 1970 erhielt das FuTR-2 den Ehrennamen “Heinz Kapelle“ (Link zur Biographie auf den Seiten der "Gedenkstätte deutscher Widerstand"). Auch unsere FuTK hatte sich durch vielfältige Maßnahmen auf diesen Tag vorbereitet. Die politisch-ideologische Vorbereitung lag natürlich vorrangig in den Händen meines Politstellvertreters (StKCPA). In der FuTK wurde dazu im Eingangsbereich ein Ehrenplatz angelegt, der auch gleichzeitig für Appelle und Veranstaltungen genutzt wurde. Es wurde ein großer Feldstein aufgestellt und mit den persönlichen Daten von Heinz Kapelle versehen. Gleichzeitig stellte uns das FuTR-2 ein Antennensegment einer P-25 zu Verfügung, wo wir die Schriftzüge „ Ruhm und Ehre den Funkmess-Soldaten“ auftrugen (siehe Fotogalerie Teil 5 FuTK-233-Elmenhorst). Natürlich ging dieser Verleihung die Beschäftigung mit dem Leben und dem Wirken dieses antifaschistischen Widerstandskämpfers voraus, der ein Kämpfer gegen Faschismus und Krieg war und 1941 zum Tode verurteilt wurde. Es ist nach meiner Auffassung sehr bedauerlich und auch nicht nachvollziehbar, dass am 02.10.1990 alle Namen von Kasernen der NVA gelöscht wurden. Die Schilder und Urkunden etc. wurden zwar dem Museum zugeführt, aber für die Kasernen, die durch die Bundeswehr weiter genutzt werden, hätten eine Reihe von Namen erhalten bleiben können. Das Traditionsverständnis in der Bundeswehr ist eben ein anderes. Kasernen, Schiffe, Staffeln der Bundesluftwaffe etc. trugen und tragen noch heute Namen von Personen, die für die Verbrechen des Nationalsozialismus mit verantwortlich sind. Erinnern möchte ich nur an die Diskussion um die Traditionswürdigkeit des Oberst Mölders.

Ende August 1970 endete mein Dienst als KCder FuTK-289. Am 01. September 1970 begann das Studium an der Militärakademie „Friedrich Engels“ in Dresden.

In eigener Sache :
Mit diesem Erlebnisbericht als KC der FuTK-289 beende ich die Serie der Erlebnisberichte / Zeitzeugenberichte von 1960 bis 1970 aus einigen FuTK des FuTR-2. (FuTK Rohlsdorf, FuTK Altensalzwedel und FuTK Banzin)
Im Tagesbefehl Nr. 2018 vom 02.10.1990 heißt es : “Es bleibt jedoch das Verdienst der Angehörigen der NVA, ihre von der Verfassung gegebene Aufgabe, die äußere Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten und der Bewahrung des Friedens zu dienen, nach bestem Können und mit hoher Professionalität erfüllt zu haben.“ Die Angehörigen der FuTT der LV haben durch ihre vorbildliche Pflichterfüllung im Rahmen der LRA im DHS dazu keinen unwesentlichen Beitrag geleistet.
Die Erlebnisberichte unterstreichen auch die inzwischen gesicherte Einschätzung, dass wir nach dem Ende des zweiten Weltkrieges nicht nur einmal am Rande eines neuen Weltkrieges standen. Auch eine Reihe von ernsthaften Verletzungen des Luftraumes der DDR, wie ich sie beschrieben habe, führte zu keinen weiteren ernsthaften militärischen Handlungen, weil beide Seiten sich der hohen Verantwortung bewusst waren.
Deshalb ist es nicht nur für mich völlig unverständlich, dass knapp 20 Jahre nach dem Beitritt der DDR zur BRD die berechtigten Forderungen des DBwV immer noch nicht durch den Bundestag umgesetzt sind.

Trotz Rücksprache mit vielen „Mitstreitern“ aus dieser Zeit können unkorrekte Sachverhalte, besonders aber falsche zeitliche Einordnungen, noch vorhanden sein. Für sachliche Hinweise wäre ich deshalb sehr dankbar.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Huse aus Pirna, Landkreis „Sächsische Schweiz-Osterzgebirge“

Zur kulturellen Tätigkeit in der Einheit Huse der NVA in den Jahren 1968/69 von Manfred Zimmermann

Trotz schwierigen Bedingungen und einer sehr eng begrenzten Freizeit der Armeeangehörigen wurde eine zielstrebige und auch erfolgreiche kulturelle Tätigkeit mit den Angehörigen der FuTK-289 (Banzin), später FuTK-433, gestaltet. Erfolgreiche Ergebnisse gab es insbesondere:
- In der Tätigkeit der Singegruppe, Leiter Gefreiter Engel
Diese Gruppe arbeitet auch mit jungen Leuten der Gemeinde zusammen. Sie trat erfolgreich beim Kulturwettstreit der FuTK des FuTR-2 auf und auch bei Anlässen in der Gemeinde Banzin und Umgebung in Erscheinung.
- Im naturwissenschaftlich-technischen Zirkel, Leiter Leutnant Melms
Dieser Zirkel befasste sich mit Problemen der Funk- und natürlich mit der Funkmesstechnik. Das geschah auch im Hinblick auf die MMM und der Neuererbewegung.
- In der Traditionspflege, Leiter Unteroffizier Bähring
Der Zirkel befasste sich mit den Traditionen der einzelnen Besatzungen. So z.B. mit den Erfolgen und auch den Niederlagen der Einheit. Ein Gebiet aber stand besonders in der Pflicht. Das war die Zusammenarbeit mit einem Arbeiterveteran, mit dem Genossen Preißler aus Hagenow. Er war Spanienkämpfer und bei uns herzlich willkommen.
- In der Arbeit mit dem Buch. Lesen war in. Es gab eine kleine Bibliothek, Leiter Gefreiter Gadow.
Auch gab es den Tausch der Bücher in der Standortbibliothek in Trollenhagen / Neubrandenburg und eine gute Zusammenarbeit mit der Bibliothek Hagenow.
Buchbesprechungen im Club waren eine gut besuchte Veranstaltung. So z.B. über : „Die Aula“ von Kant und „Zeit der Störche“
- Auch Filmveranstaltungen fanden statt. Der Club hatte dafür eigene Vorführgeräte zur Verfügung.
- Es gab auch eine bestimmte Kooperation mit der Gemeinde , mit anderen Einheiten der NVA, mit einer sowjetischen Einheit in Hagenow.
- Höhepunkte waren jeweils ein Kompaniefest und der Kulturwettstreit der FuTK des FuTR-2.
Beim Kulturwettstreit wurde ein kleines Kulturprogramm in der Einheit gestaltet und die Ergebnisse in der MMM (Messe der Meister von Morgen) demonstriert. Eine Gruppe von Offizieren des Stabes des FuTR-2 beurteilten die Ergebnisse.
- Es wurden gelegentlich auch Voträge durch die Urania gehalten.
- Im Zusammenhang mit der kulturellen Arbeit muss auch eine doch aktive Tätigkeit im Freizeitsport gesehen werden. Wenn auch eng mit dem Dienstsport gekoppelt, so gab es doch viele Möglichkeiten, die wenige freie Zeit sinnvoll zu gestalten.

Link zu Belegfotos des obigen Berichtes

Quelle:
Erfahrungen und Möglichkeiten der Leitung kultureller Prozesse in kleinen Einheiten der NVA. Untersucht in der Einheit Huse (FuTK-289), Truppenteil Henkel (FuTR-2)
Verfasser: Manfred Zimmermann , August 1968.
Fachschule für Klubleiter „Martin Anderson Nexö“ in Meißen.

* mit Fragezeichen gekennzeichnete Stellen sind evtl. nur Gerüchte bzw. Fehlinformationen

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