Offener Brief der Interessenvertretung NVA-Radar (vom 08.10.2003)
Wer vertritt unsere Interessen? Wir, das können wir nur selber tun!
Der Bund muss entschädigen!

Radarsoldaten der ehem. NVA und Hinterbliebene,

tausende Radartechniker der ehem. NVA und der Bundeswehr haben in den letzten 30 Jahren aufgrund grob fahrlässigen Umgangs mit der Strahlung beim Betrieb von Radarsystemen, schwere gesundheitliche Schäden davongetragen.

Wir haben in den 50er bis 80er Jahren an den Radargeräten der Luft- und Landstreitkräfte, der Volksmarine und der 6.Grenzbrigade Küste unseren Ehrendienst geleistet und waren dabei, ohne unser Wissen, hohen Expositionen ionisierender Strahlung ausgesetzt.

Das Bundesministerium für Verteidigung (BMVg) bestreitet bisher einen kausalen Zusammenhang zwischen dem gehäuften Auftreten von Krebserkrankungen u. Strahlen- Einwirkungen bei unserer Dienstausübung als Radartechniker/-operatoren. Ebenso erklärte sich das BMVg offiziell, als für NVA-Radargeschädigte nicht zuständig.

Dagegen wurde in 03/03, Klage vor dem Landgericht Frankfurt/Oder erhoben. Als Klagebegehren fordern wir NVA-Radargeschädigten eine zusätzliche Rentenzahlung und ein einmaliges Schmerzensgeld, auch für die hinterbliebenen Frauen und Kinder unserer bereits verstorbenen Kameraden.

Die prozessuale Vertretung hat das Rechtsanwaltsbüro Dr.Geulen Berlin übernommen. Die Rechtsanwälte Dr.Geulen / Dr.Klinger vertreten ggw. 110 Soldaten der ehem. NVA. Davon sind zwischenzeitlich 26 an ihren schweren Krebserkrankungen verstorben.

Die Interessen der Strahlengeschädigten beider Armeen, werden durch den Bund zur Unterstützung Radargeschädigter e.V. wahrgenommen. Hier sind ggw. ca. 800 Soldaten der Bundeswehr und ganze 11 (elf) geschädigte NVA-Radarsoldaten als Mitglieder eingeschrieben. Und trotzdem ist der Bund zur Unterstützung Radargeschädigter zurzeit die einzige „NVA-Interessenvertretung“. Unsere wirklichen Interessen, als NVA-Radargeschädigte gehen bei diesem Kräfteverhältnis sozusagen „…im Rauschen unter…!“.

Bei den Musterprozessen in Frankfurt/Oder klagt ggw. die Witwe eines an Krebs gestorbenen NVA-Radarmechanikers.

Erstinstanzlich liegen dem Landgericht Frankfurt/Oder damit folgende Grundsatzfragen zur Entscheidung vor:

zu 1. Hat das Landgericht in einem „Hinweisbeschluss“ in 04/03 bereits festgestellt, dass im Rahmen der Deutschen Wiedervereinigung, Verwaltungseigentum der ehem. DDR-NVA in den Besitz der BRD-Bundewehr übergegangen ist und damit in Verbindung, das Staatshaftungsgesetz greift. Der Bund ist somit grundsätzlich zur Entschädigung verpflichtet. Mit Geltung der Staatshaftung ist zudem in Rechtsfolge die Umkehr der Beweislast verbunden. Dieser Hinweisbeschluss liegt nach Auskunft des Gerichtes schriftlich beiden prozessführenden Seiten vor.

zu 2. Auch die Vererbbarkeit der Rechtsansprüche der NVA-Radarsoldaten wird durch die verhandelnde Frankfurter Kammer prinzipiell bejaht.

zu 3. In Bezug auf die Verjährung, wurde bereits für zwei NVA-Radarsoldaten Klagen erhoben, die zur Unterbrechung der Verjährungsfristen führten; für die übrigen NVA-Mandanten, hat Rechtsanwalt Dr.Geulen - Verjährungsverzicht - beim BMVg beantragt, dessen Erklärung für die Betroffenen der NVA zurzeit noch aussteht, für die der Bundeswehr aber schon ergangen ist.

Zeitgleich wurde durch die Radarkommission dem Verteidigungsausschuss des Bundestages ein Bericht (Radarbericht) am 25.09.03 vorgelegt, den dieser in Auftrag gegeben hatte und an dessen Ausarbeitung u.a. das BMVg beteiligt war. Hier heisst es im Wesentlichen, dass die Ansprüche der Radargeschädigten berechtigt sind und dass unkomplizierte Anerkennung und damit Entschädigung der Betroffenen erfolgen soll. Der Verteidigungsausschuss hat entschieden, dass die Empfehlungen dieses Berichtes „…im Prinzip eins zu eins umgesetzt werden…“.

Bei genauer Betrachtung enthält der Bericht aber wesentliche Komponenten, die darauf abzielen, die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung eher verweigern und dafür Argumente liefern zu können (s.dazu Pressebericht des Deutschen Bundestages vom 25.09.03).

Außerdem wird in diesem Bericht durch die Radarkommission die Position einer prinzipiellen Ungleichbehandlung der Strahlengeschädigten zum Nachteil der NVA-Betroffenen zum Ausdruck gebracht (s.dazu „Kommentar zum Bericht der Radar-Kommission vom 02.Juli 2003“).

Ob das BMVg wirklich bereit sein wird, die Empfehlungen der Expertenkommission unkompliziert und vor allem schnell, noch zu Lebzeiten der NVA-Betroffenen umzusetzen, bleibt abzuwarten.

Zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung, am 17.09.03 in Frankfurt/Oder, war von diesem Standpunkt jedenfalls noch nicht viel zu spüren. Hier hatte die Rechtsvertretung des beklagten BMVg gegenüber der verhandelnden Kammer schon mal in aller Öffentlichkeit angedroht, sollte im Sinne der verwitweten Klägerin entschieden werden, ginge sie über alle Instanzen in Revision.

Die Verschleppung von rechtskräftigen Gerichtsentscheidungen, in Verbindung mit den Ablehnungs- und Ungleichbehandlungskriterien des Radarberichtes lässt den Eindruck entstehen, dass an eine Entschädigung der NVA-Radarsoldaten seitens des BMVg nicht wirklich gedacht wird. Vermutlich ist in allernächster Zeit, auf der Grundlage des Radarberichtes, mit einer Ablehnungswelle von Anträgen der NVA-Radarsoldaten, auf Anerkennung einer Wehr-dienstbeschädigung, zu rechnen. Damit wird uns zunächst die Beschädigtenrente versagt und könnte nur fristgemäß vor einem Sozialgericht eingeklagt werden. Für die NVA-Musterprozesse liegen positive und rechtskräftige Urteile absehbar noch nicht vor und ob sie jemals kommen werden, ist offen. Damit wird die erfolgreiche Durchsetzung unserer Schadenersatzansprüche mindestens im Einzelfall fragwürdig. Unsere Ansprüche als NVA-Radargeschädigte müssten ebenfalls, jeweils in Einzel- und/oder Sammelklagen, fristgemäß für uns, oder unsere Hinterbliebenen, bis zum 31.12.04 gesichert werden. Andernfalls drohen unsere Rechtsansprüche zu verjähren.

Das ist die Botschaft, die vermittelt werden soll und mit deren Umgang, jeder Einzelne von uns NVA-Betroffenen, wegen fehlender Interessenvertretung, zurzeit auf sich allein gestellt ist.

Da ist Resignation und Aufgabe vorprogrammiert.

Was also ist zu tun?

Bis dahin, stehe ich Euch als Koordinator und Ansprechpartner bei auftretenden Fragen und Problemen, beratend und helfend, zur Seite.

Dazu richten wir eine Telefonhotline und ein Internetportal, als Informationsplattform und Diskussions-/Frageforum, ein. Für alle die, die über keinen PC verfügen, kann die Kontaktaufnahme natürlich auch gern postalisch, per Fax, oder telefonisch erfolgen.

Also, Ihr seit betroffen, oder fühlt Euch angesprochen?

Wir brauchen Eure Mithilfe!

Der Bund muss entschädigen!

Thomas Förster (Obermaat i.R.)

Kontaktadresse
Dipl.-Ing. Thomas Förster
Timmerhorner-Str.1b
D-22941 Delingsdorf
Telefon: 04532-505460 Mobil: 0170-2177920
Fax: 04532-505461
e-Mail: Internet: www.nva-radar.de

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