allg. Angaben zum AFLS

Bedeutung:

Das automatisierte Führungs- und Leitsystem AFLS diente der Erfüllung der folgenden Hauptaufgaben:

  1. automatisierte Sammlung der Informationen über die Luftlage sowie ihre Übermittlung sowohl von unten nach oben als Meldung über die Luftlage als auch von oben nach unten als Information über die Luftlage
  2. automatisierte Führungs- und Meldetätigkeit sowie Aufgabensellung
  3. automatisierte Jägerleitung

Bestand:

Das AFLS bestand aus den Bestandteilen:

ASPD: Das ASPD verfügte über MULTITASKING- fähige Sichtgeräte des Typs SWESDA (Stern). Im Gegensatz zu den Sichtgeräten älterer FuMS, die über ein drehbares Ablenkspulensystem verfügten, waren die Ablenkspulen im ASPD unbeweglich. Die Ablenkspannungen wurden über Sägezahngeneratoren erzeugt, wobei die Steilheit und damit auch der Maximalwert eines Sägezahnimpulses von der Stellung des Drehmeldewiederholers und damit von der Antennenstellung der jeweiligen FuMS abhing.

Die Aufhellung der Primärinformation erfolgte durch das refelktierte und verstärkte Signal der FuMS. Dies war die Primärinformation. Die Verstärkung und Bearbeitung zur Darstellung erfolgte mit einer damals noch reinen Elektronenröhrentechnik. mit Germiniumdioden an einzelnen Stellen. Zusätzlich wurde mittels INTERUPT die Primäinformationsdarstellung unterbrochen und zeitweise Sekundärinformation dargestellt. Zur Sekundärinformtion gehört die Rückkontrolle der selbst an andere Objekte gesendeten Information, der MARKER (vergleichbar mit einem Mauszeiger), die Informtionen anderer Objekte sowie Zahlenkommandos.

Der MARKER wurde auf dem Sichtgerät mit einer Art MAUS bewegt, welche am Ende eines Hebels befestigt war. Mit Hilfe von Drehwiderständen wurden Koordinatenspannungen für X und Y abgenommen und daraus die Auslenkspannung gebildet. Bei Betätigung der MAUSTASTE wurden die beiden aktuellen X - und Y - Spannungen auf zwei Kondensatoren gespeichert Mit Hilfe einer Relaiskaskade wurden stufenweise Vergleichsspannungen gebildet und bei Erreichen der richtigen Spannung wurden die betätigten Relais als Koordinatencode ausgewertet. Damit erfolgte eine Analog-Digital- Transformation in jeweils eine 9 stellige Koordinate für X und Y.

Die Ausgangskoordinate X, Y ist beim Strela-SG unten links. Die Spannung beträgt jeweils -30V. Das bedeutet, wenn das jeweils 1. Bit X und Y gesetzt ist, befindet sich das "Ziel" in der Bildschirmmitte. Wenn alle Bit`s gesetzt sind, befindet sich die Koordinate rechts oben, außerhalb des Bildschirms bei +30V. (Absatz ist eine Ergänzung von W. Aden)

Für Diejenigen, die meinen 9 Stellen seien zu ungenau, die folgende Berechnung:

Stelle Maßstab 600 km Maßstab 300 km Maßstab 150 km
=> 1200 km X/Y => 600 km X/Y => 300 km X/Y
1 600,00 km 300,00 km 150,00 km
2 300,00 km 150,00 km 75,00 km
3 150,00 km 75,00 km 37,50 km
4 75,00 km 37,50 km 18,75 km
5 37,50 km 18,75 km 9,38 km
6 18,75 km 9,38 km 4,69 km
7 9,38 km 4,69 km 2,34 km
8 4,69 km 2,34 km 1,17 km
9 2,34 km 1,17 km 0,59 km
Fehler 1,17 km 0,59 km 0,29 km

Mit Hilfe einer Eingabevorrichtung konnte auch die Höhe in Form eines 7 stelligen Codes hinzugefügt werden. Bei einem Codeschritt von 250m können Höhen von 250m bis 31750m definiert werden.

Diese Informationen wurden in einem 32 stelliges Informationstelegramm verarbeitet. Die Übermittlungsgeschwindigkeit betrug 60 Baud [(Im WP-02U war der Taktgeber ein Stimmgabelgenerator, der mit 1800 Hz schwang. Danach folgte ein monostabiler Multivibrator mit einem Teilerverhältnis 5:1, danach 3:1 und dann ein Trigger 2:1. Daraus ergibt sich ein Teilerfaktor von 30. ( 1800:30=60 ). Zuletzt folgte ein 60 Hz Filter. (Im WP-M wurde ebenfalls ein Stimmgabelgenerator genutzt.) In eckigen Klammern eine Ergänzung von W. Aden]

Es konnten auch Kommandos aus zwei Zahlen dargestellt an einem bestimmten Punkt auf dem Sichtgerät übermittelt werden.

Das Informationstelegramm hatte die folgende Form:

+ detailliertere Angaben zum Informationstelegramm über diesen Link

Diese Information wurden mit einem Datensender abgesandt und am Empfangsstandort umgerechnet und dargestellt. Genauso wie die Primärinformation konnte auch die Seklundärinformation mit dem MARKER abgedeckt und eingegeben werden. Die gesamte Informationsbearbeitung der Sekundärinformation erfolgte mittels einer elektro.-mechanischen Technik mit Nockenwellen und Relais sowie Elektronenröhren.

Die Informationsübertragung erfolgte beim WP und WP-U über Standleitungen oder KW-Funk. Dabei waren immer zwei Verbindungsarten vorhanden.

Dies war die Funktion beim WP, also WP-02(2B), WP-03(8D) und WP-04 (15D). Beim WP-03 und WP-04 gab es als zusätzliches Darstellungsmittel EOP (Elektronen-optisches Planchet) jeweils 1 EOP im Hänger und 1 EOP in der Gefechtsstandapparatur. Dort wurden auf einer Spezialröhre die Sekundärinformationen rotbräunlich dargestellt und mittels Spiegel auf eine waagerechte Scheibe gebracht. Nach einiger Zeit mußten die Informationen auf dem EOP durch Heizen der Röhre gelöscht werden. Diese EOP wurden aber schon zu Beginn der 70 Jahre nicht mehr genutzt. Statt dessen wurden in der Gefechtsstandapparatur zusätzlich Sichtgeräte angeschlossen.

Bei den Objekten des WP-U, also WP-02U(2BU), WP-03U(8DU) und WP-04U (15DU) gab es folgende Verbesserungen:

Bis auf kleinere Verbesserungen stimmte der Rest der Objekte WP-U mit den WP überein.

In der NVA gab es zwei durch Neuerer entwickelte Verbesserungen:

  1. Gegner konnten nur mit Punkt, Strich und Kreis dargestellt werden. Dies reichte in einigen WP-02U und in allen WP-03U zur Unterscheidung der Quellen nicht aus.( z.B. FuTB-33: 4 FuTK, LVD, FuTB-23) Deshalb wurde der Kreis in der Darstellung in 4 verschiedene Halbkreise geteilt: rechts, links, oben, unten.
  2. Eine automatisierte Störpeilung war nicht vorgesehen. Deshalb wurden die Objekte nachgerüstet : In den WP-02U wurde die Bildung eines Informationstelegramms mit einer neuen Charakterisitk ermöglich. Dazu wurde die nicht vergebene Charakteristik 0 L 0 verwendet. Auf ein mündliches oder mit Zahlencode gegebenes Kommando wurden in den WP-02U Punkte in der Mitte des Störsektors abgedeckt und als Störinformation versandt. Im WP-03U wurde an einem Sichtgerät die Störlinien dargestellt, geistig ausgewertet und die sich aus den Schnittpunkten ergebenden Ziele eingegeben. Danach wurde ein einzelnes verbessertes WP-03U eingeführt. Es diente als Koppelobjekt zum ASURK und wurde als WP-03KS bezeichnet. In diesem Objekt waren die elektromechanischen Empfänger durch Ferrittransistorempfänger ersetzt worden. Da es bei den FRT der NVA nur ein ASURK gab, gab es auch nur ein WP-03KS. Ob dieses Objekt mit dem in Wladimir als Koppelobjekt zum ASURK gelehrten WP-08M übereinstimmte oder ob das WP-08M schon verbessert war, konnte nicht ermittelt werden. Es gab dann ein verbessertes WP, dass aber in der NVA nicht eingeführt wurde. Es scheint vollständig auf Ferrittransitortechnik aufgebaut gewesen zu sein, hatte aber wahrscheinlich weder Rechner noch Massenspeicher. Bei dieser Generation wurde die freie Charakteristik L 0 L genutzt und es war damit z.B. auch Störpeilung möglich. Eventuell gehörte auch ein WP-15 dazu, (Weshalb sollte es sonst ein WP-15 "M" geben ?). Es scheint allerdings wahrscheinlich auch in der Sowjetarmee nicht allzuweit verbreitet gewesen zu sein. Während des ersten WP-02M Lehrgangs in Wladimir wurde jedenfalls die im Kabinett eingebaute Technik dieses Systems verschrottet.

Die Objekte WP-02U und WP-03U

Zum Bestand der Objekte gehörten:

WP-02M

Im Dezember 1976 begann der erste WP-02M Lehrgang in Wladimir. Die WP-04M Ausbildung erfolgte dann durch sowjetische Lehroffiziere in der DDR. Die Technik war bis auf die Bildröhren und einige wenige einlötbare Röhren in Baugruppen und mit Ausnahme der Sichtgeräte fast vollständig auf Ferrit-Trasistor-Technik aufgebaut. Wegen der Elektronik verfügten die Hänger über Klimageräte. Die gesamte Bearbeitung der Sekundärinformation erfolgte rechnergesteuert. Die Dateneingabe erfolgte an der befestigten MAUS mittels Codescheiben. Mit der freien Charakteristik L L L wurden neue Möglichkeiten der Informationsübermittlung vorallem von Führungsinformationen sowie Zielzuweisungen möglich. Wichtige Informationen wie Zielneuanmeldungen und Führungsinformationen wurden 3fach übertragen und dann nach dem Prinzip 2 aus 3 ausgewertet, d.h. 2 von 3 Informationen mußten übereinstimmen.

Nur im WP-01M und WP-02M waren Funkorter erforderlich. Ab WP-04M wurden die Ziele nur einmal erfasst und dann weiter durch die Apparatur nach den Informationen der FuTK begleitet.

Im WP-01M war im Prinzip der gleiche Rechner wie im WP-04M eingebaut. Der BUMERANG -1 hatte einen vergrößerten RAM, der gleichzeitig als Speicher für die Zielinformationen diente. Der Bummerang-3 im WP-04M speicherte seine Ziele (60 Gegner, 40 Eigene, 20 Abfangpunkte) in einem Magnettrommelspeicher ab. Das WP-02M war anders konstruiert. Es hatte zwar einen Magnettrommelspeicher, aber die rechnerische Bearbeitung war auf mehrere Schränke verteilt. Daneben gab es in den Objekten noch einen Koordinatentransformationsrechner, der die empfangenen Informationen umrechnete.

Im WP-04M gab es ein neues EOP. Die Darstellung wurde in einer Spezialröhre erzeugt und auf ein senkrechtes Planchet gespiegelt. Darauf konnten mittels einer Art Diaprojektor Hintergründe wie Land- und /oder Taktikkarten und Flugmeldenetz dargestellt werden. Zur Bearbeitung der Ziel gab es einen Fotoabnehmer, den man nur auf die richtige Stelle auf dem Planchet halten mußte, um Informationen zu bearbeiten. Es gab ebenfalls Bildschirme mit Luftlage und Gefechtsbereitschaftsinformationen.

Um die Zusammenarbeit mit alten Objekten zu gewährleisten war man aber bei dem langsamen 50 baud Informationstelegramm geblieben.

Zum WP-M gehörte noch das Störpeilobjekt WP-15M, welches hier getrennt beschrieben wird. Die Rechnerapparatur hatte m.E. die Bezeichnung AWT??.

APN: Die automatisierte Jägerleitapparatur APN war im Hänger 54 eingebaut. Technisch beruhte es auf Arbeitsplätzen mit je einem Sichtgerät für die RBS-Information und einem Sichtgerät für die Höheninformation. Es war auch die Direktkopplung eines PRW möglich, da die PRW aber für alle Aufgaben nie ausreichend vorhanden waren, ist mir keine längerfristige realisierte Kopplung bekannt. Auf den Sichtgeräten wurde jeweils nur ein lupenartiger Ausschnitt der Primär- und Sekundärinformation dargestellt und von den Funkortern mittels eines JOYSTICKS mit einem Marker (entspricht Mauszeiger) abgedeckt und damit eingegeben. Für jeden Gegner und jeden Eigenen war jeweils ein Arbeitsplatz vorgesehen. Ein Jägerleitoffizier verfolgte auf einem Sichtgerät STRELA das/die Abfangen. Neben ihm stand der Jägerleitrechner. Dies war ein elektromechanischer Analogrechner. Die Leitaufgabe war in Form eines komplizierten Widerstandsnetzwerkes mit Stellmotoren, die wieder weitere Widerstände betätigten, realisiert - d.h. die Positionen von Ziel und Jäger kamen als X und Y Spannungswert zum Rechner und dieser gab die erforderlichen Steuerkommandos für den Jäger aus (sowie auch Steuerkommandos für z.B. das FuMVisier).

Im System WP-U bestand ein Objekt WP-11 aus zwei Hängern 54. Dabei waren in einem Hänger 54 beide Leitmöglichkeiten nutzbar - auf dem anderen aber nur 1 Leitmöglichkeit. Dies hing auch mit der Kapazität der Apparatur ARL zusammen Die Primärinformation erhielt das WP-11 vom WP-02U und die Sekundärinformation vom WP-03U.

Mit dem System WP-M wurde die Bezeichnung geändert. Ein WP-11M bestand nur aus einem Hänger 54. Dafür konnten sowohl an das WP-02M als auch an das WP-04M bis zu 3 WP-11M gekoppelt werden.

ARL-1 : Die so ermittelten Daten für den eigenen Jäger wurden dualverschlüsselt zum Jäger übertragen und dort mit Sollwertzeigern angezeigt. Der Flugzeugführer mußte dann nur die Istwertzeiger in Übereinstimmumg mit dem Sollwert bringen und wurde so ohne ein Wort über Funk mit ausgeschaltetem FuMVisier in eine erfolgversprechende Angriffsposition gebracht. Dort wurde das FuMVisier eingeschaltet und sofort geschossen. Die Übertragung erfolgte durch ein Duo R-824LPM, wobei eine als LPM geschaltet die Information übertrug und die zweite als Reserve für die Information und als LP geschaltet dem Sprechfunk für den Steuermannleitoffizier diente.

Würdigung

Mit Einführung der MiG-23 Mitte der 70er Jahre wurde gegenüber der MiG-21 auch die Bewaffnung verbessert. Nachdem es vorher nur möglich war, Ziele von hinten abzufangen, gab es bei der MiG-23 auch Raketen für Gegenkursabfangen. Überlegt man sich, dass bei Gegenkursabfangen bei Ziel- und Abfangjägergeschwindigkeiten von circa 2000 km/h eine Annäherungsgeschwindigkeit von rund 4000 km/h auftritt, wird klar, dass beim Flugzeugführer nicht viel Zeit zum Erkennen des Zieles und zum Schießen bleibt. Cirka bei 100 km muss er das Ziel erkennen und zwischen 40 und 100 km Entfernung die Rakete auslösen.

Da der Abfangjäger aus taktischen Gründen meist nicht in der gleichen Höhe wie das Ziel fliegt, ist das Erkennen des Ziels zusätzlich erschwert. Deshalb wurde das FuMVisier der MiG 23 vorgerichtet. Den Steuerwert für diese Vorausrichtung erhielt die MiG 23 aus dem System APN. Trotz der uns heute und auch schon vor 30 Jahren vorsinntflutlich erscheinenden Technik hat dies exakt funktioniert. Die Jägerleitung mit dem APN hat auch im DHS gut funktioniert. Mancher F-4R Pilot in der Oderbucht wurde durch das erste Wort unseres Flugzeugführers vom JG-9 über Funk nach dem DHS-Start erschreckt: "Ziel erkannt !" und suchte dann lieber das Weite.

Ähnliches gilt für das ASPD. Trotz Uralttechnik hat es z.T. recht gut funktioniert. Es hätte noch besser funktionieren können, wenn nicht in verschiedenen Ebenen Leute gewesen wären, wie ein Politstellvertreter in der FuTK-333, der vor versammelter Besatzung erklärt hat: " Ich setze mich als diensthabender Kompaniechef nie in das WP-02M !"

Automatisierte Objekte und ihre Funkmeßnummern

4101 - 4199
WP
WP-02
2B
FuTK
4201 - 4299
WP-U
WP-02U
2B-U
FuTK
4301 - 43??
WP-U
WP-03U
8D-U
FuTB
43?? - 43??
WP-U?
WP-03KS
8D-KS
Kopplung ASURK-1M
43?? - 4399
WP-U
15D-U
LVD u. ZGS
4401 - 4499
WP-U
WP-11
6B-U
Jägerleitung
4501 - 4599
WP-M
WP-1M
FuTK (z.Ortung tieffl.Ziele)
4601 - 4699
WP-M
WP-02M
FuTK (in der Sowjetarmee FuTB)
4701 - 4749
WP-M
WP-04M
FuTB(in der Sowjetarmee FuTBr o. JFD)
WP-M
WP-11M
Jägerleitung (unverändertes 6B-U)
4751 - 4799
PORI
FuTB b. FRR/FRBr mit VEKTOR
4801 - 48??
WP-M
WS-11M
LVD
4901 - 49??
WP-M
WP-15M
Störpeilobjekt (angeschlossen an WP-04M)
Nicht in der NVA
WP-03M
JG
WP-05M
Luftarmee
WP-07M
Luftverteidigungsarmee
WP-08M
FuTB bei FRR mit ASURK
WP-12M
Kopplung FuM-Flugzeuge
WP-16M
Fotolabor für Hintergrunddias EOP

Vielen Dank für die Ausarbeitung und Zusammenstellung der hier veröffentlichten Angaben an Thomas Küchenmeister

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